Peritonealdialyse Peritoneale Ultrafiltration bei kardiorenalem Syndrom Vedat Schwenger, Heidelberg Die Inzidenz der Herzinsuffizienz in den westlichen Industrienationen nimmt kontinuierlich zu [1]. Dies ist für Nephrologen insofern von Bedeutung, da ca. 40–60 % der Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz auch eine eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen [2]. Bekannt ist, dass Niereninsuffizienz einer der wichtigsten prognostischen Prädiktoren bei Herzinsuffizienz darstellt [3, 4]. Conferences Diese enge pathophysiologische Interaktion zwischen Herz- und Nierenfunktion wird abgebildet durch unterschiedliche Klinik [5], Ätiologie [6] und Pathophysiologie [7]. Pathophysiologisch wurde bislang ein Vorwärtsversagen in den Vordergrund gestellt. Eine renale Hypoperfusion, bedingt durch eine schwere Linksherzinsuffizienz, führt über eine ausgeprägte Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des RAAS zu einem prärenalen Nierenversagen und im Extremfall zu einer chronischen Schädigung der Nieren. Mittlerweile gewinnt die renal-venöse Kongestion, z. B. bei Rechtsherzinsuffizienz oder pulmonaler Hypertonie zunehmend an Bedeutung [8–12]. Die renal-venöse Kongestion bei herzinsuffizienten Patienten mündet konsekutiv in eine tubulo-interstitielle Fibrosierung und glomeruläre Sklerosierung. Zudem imponieren diese Patienten klinisch oftmals durch eine ausgeprägte Aszitesbildung. Eine zusätzliche Diurese bzw. Salurese ist trotz Steigerung der diuretischen Therapie bei reduziertem Intravasalvolumen kaum noch zu erzielen. Von Diuretikaresistenz sollte man erst sprechen, wenn trotz einer hochdosierten diuretischen Therapie (z. B. Furosemid 500 mg, Hydrochlorothiazid 25 mg, Spironolacton 25 mg) unter Begleitung konservativer Maßnahmen wie Trinkmengen- und Kochsalzrestriktion eine Hypervolämie therapeutisch nicht zu beseitigen ist. Erst wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind und es zur wiederholten hydropischen Dekompensation mit Notwendigkeit einer Hospitalisierung kommt, sollte gemäß den European Society of Cardiology Guidelines zur Herzinsuffizienz [13] eine Ultrafiltrations- oder Dialysetherapie in Erwägung gezogen werden. Unter engmaschiger Kontrolle der Retentionswerte sollte vorab eine optimierte Herzinsuffizienztherapie eingeleitet werden. Eine eingehende kardiologische, aber auch nephrologische Diagnostik und Therapie ist hier Voraussetzung. In der akuten Dekompensation ist in der Regel eine extrakorporale Therapie zu präferieren. Kritisch werden neuere Arbeiten betrachtet, die einen Behandlungsnachteil der herzinsuffizienten Patienten, die mit einer extrakorporalen Therapie im Vergleich zur konservativen Therapie behandelt wurden, beobachteten. Zu beachten ist allerdings, dass die in der Studie eingeschlossene bzw. untersuchte Patientenklientel, nicht den kritisch kranken Patienten entspricht, die üblicherweise von einer additiven Ultrafiltrationstherapie profitieren. Insofern ist ein Behandlungsnachteil nicht weiter erstaunlich, da die extrakorporale Therapie verfahrensspezifisch mit Komplikationen wie Katheterinfektion oder Blutungskomplikationen assoziiert ist. In der chronischen Indikation bietet die peritoneale Ultrafiltration einige verfahrensspezifische Vorteile und dies insbesondere für die rechtsventrikuläre Herzinsuffizienz. Bei Patienten mit führend rechtsventrikulärer Herzinsuffizienz und konsekutiver Aszitesbildung ist die peritoneale Ultrafiltration, durch die Möglichkeit der Aszitesmobilisation, der extrakorporalen Therapie deutlich überlegen. Zudem werden durch den intrakorporalen und kontinuierlichen Charakter Volumenschwankungen vermieden. Nach Volumenentzug verbessert sich oftmals die kardiale und konsekutiv auch renale Funktion. Zudem wird eine Immobilisierung dieser ohnehin schon kachektischen Patienten bei der peritonealen Ultrafiltration vermieden. Ein verfahrensspezifischer 26
Peritoneale Ultrafiltration bei kardiorenalem Syndrom Vorteil besteht auch in der Möglichkeit zur umfassenderen medikamentösen Blockade des RAAS- Systems aufgrund der grundsätzlichen Neigung zur Hypokaliämie. Die Mortalität der mit peritonealen Ultrafiltration behandelten Patienten ist allerdings sehr hoch, so dass dieses Verfahren durchaus als palliatives Verfahren angesehen werden kann. In einem Review von 2005 wird diese Situation als „a challenge facing a no-win-situation“ bezeichnet [14]. Prospektive randomisierte Studien zur peritonealen Ultrafiltration bei therapierefraktärer Herzinsuffizienz liegen nicht vor. Es gibt mehrere kleinere retrospektive Observationsarbeiten [15-17], die einen potenziellen Benefit einer peritonealen Ultrafiltration gegenüber extrakorporalen Verfahren zeigen, sowie eine sehr kleine prospektive, jedoch nicht randomisierte Arbeit [18]. Fazit Die peritoneale Ultrafiltration bietet bei Patienten mit therapierefraktärer chronischer Herzinsuffizienz sowie Niereninsuffizienz nach Ausschöpfung entsprechender kardiologischer und nephrologischer Maßnahmen eine interessante zusätzliche Therapieoption. Insbesondere in der chronischen Dekompensation, z. B. bei Vorliegen einer rechtsventrikulären Insuffizienz oder pulmonalen Hypertonie mit konsekutiver Aszitesbildung bietet die peritoneale Ultrafiltration entscheidende Vorteile gegenüber einem extrakorporalen Verfahren. Neben der Mobilisierung des Aszites, kann oftmals eine intensivierte Therapie der Herzinsuffizienz durch die grundsätzliche Hypokaliämieneigung bei peritonealer Ultrafiltration erzielt werden. Eine enge Kooperation zwischen Internisten, Nephrologen und Kardiologen ist zur optimalen Betreuung dieser Patienten unerlässlich. Die Erfahrungen mit dem genannten Therapieverfahren sind insgesamt noch sehr gering. Ein aktuelles Positionspapier Prof. Dr. med. Vedat Schwenger Vedat.schwenger@med.uni-heidelberg.de der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und Nephrologie steht demnächst zur Publikation an. Erfahrungswerte werden derzeit in dem Register (www.herz-niere.de) der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie gesammelt. Literatur beim Verfasser Welche Antwort ist richtig? (Einfachauswahl) 1. Es gibt eine einheitliche international anerkannte Klassifikation des kardiorenalen Syndroms der International Society of Cardiology. 2. Eine peritoneale Ultrafiltration sollte bei Herzinsuffizienz möglichst früh, z. B. vor der ersten kardialen Dekompensation, eingesetzt werden. 3. Die peritoneale Ultrafiltration ist eine Ultima Ratio und sollte erst nach optimierter kardiologischer und nephrologischer Diagnostik und Therapie angewendet werden. 4. Wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, sollte eine peritoneale Ultrafiltration gemäß den Leitlinien der European Society of Cardiology eingesetzt werden. Conferences Die Lösung finden Sie auf Seite 45. 27
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