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CONNEXI 2013-05 Nephrologie Dialyse Transplantation

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Retrospektive der DGfN 2013

Diabetes mellitus

Diabetes mellitus Gliptine, Gliflozine und andere neue Ansätze der Diabetes-Therapie Peter R. Mertens, Magdeburg Seit Anfang des letzten Jahrhunderts ist klar, dass die Interaktion von internen, im Darm sezernierten Hormonen die Bauchspeicheldrüse zur Abgabe von Insulin stimulieren kann. Fortschritte wurden in Meilensteinen erreicht, z. B. durch die Isolation und Synthese von Insulin und Substanzen, die die Insulinsekretion fördern. Die antagonistische Wirkung der Hormone Glucagon und Insulin hat sich mittlerweile in ein komplexeres Bild gewandelt, bei dem Glykämie als Resultat eines Oktetts angesehen wird [1]. Neben der Insulin- und Glucagonsekretion spielen Inkretine, die Lipolyse, die Glukoseresorption in der Niere, die Aufnahme und der Abbau von Glukose in peripheren Geweben/Muskelzellen, gesteigerte hepatische Gluconeogenese und die neuronale Regulation eine Rolle bei der Euglykämie. Wirkung willkommen. Präparate der Klasse der Dipepdidyl-Pepdidase-4-Hemmer (DPP4-Hemmer) wirken über die Steigerung der Glucagon like Peptid 1-Konzentration im Serum und vermögen die Blutzuckereinstellung mit einem HbA1c-Abfall von max. 0,7 % zu verbessern. In vielen Studien wurde belegt, dass die Zahl der Hypoglykämien unter DPP4-Hemmern im Vergleich zu Plazebo nur gering oder nicht ansteigt [2]. Glykämie wird nach als Resultat eines Conferences Abbildung 1: Darstellung der antagonistischen Wirkung der Hormone Glucagon und Insulin als Resultat eines Oktetts. [1] DPP4-Inhibitoren Fortschritte in der antidiabetischen Therapie sind schon allein daran erkennbar, dass mittlerweile elf unterschiedliche Medikamentenklassen zur Behandlung des Diabetes eingesetzt werden. Da beim metabolischen Syndrom und der Behandlung des Typ 2-Diabetes oftmals die Gewichtsentwicklung ein wichtiger Begleitumstand für die Güte der Blutzuckereinstellung darstellt, sind neue Klassen an Medikamenten mit einem gewichtsneutralen Profil oder sogar einer gewichtsreduzierenden Gliptine Seit der Beschreibung von erhöhter kardiovaskulärer Mortalität in einer Metaanalyse mit Rosiglitazon im Jahr 2007 wird durch die FDA gefordert, dass sämtliche antidiabetischen Medikamente hinsichtlich der kardiovaskulären Risiken in Studien beurteilt werden müssen. Dementsprechend wurde eine große Studie mit Saxagliptin versus Plazebo aufgelegt. Unter einem doppelblinden plazebokontrollierten randomisierten Design mit 16.492 Patienten, die an Diabetes litten, wurde dieser Forderung der FDA nachgegangen. Als wichtigste Befunde konnte nach 2,1 Jahren festgehalten werden, dass eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität unter Saxagliptin nicht auftrat, jedoch auch kein 32

Gliptine, Gliflozine und andere neue Ansätze der Diabetes-Therapie Vorteil über diesen Zeitraum nachgewiesen werden konnte. In dieser Studie traten vermehrt Krankenhausaufnahmen aufgrund von Herzversagen (289 in der Saxagliptingruppe, 228 in der Plazebogruppe, P=0,007) auf. In einer plazebokontrollierten doppelblinden Studie mit Alogliptin wurden 5.380 Patienten mit stattgehabtem akutem Myokardinfarkt oder existenter instabiler Angina in den vorausgegangenen drei Monaten randomisiert. Nach 40 Monaten zeigt sich hinsichtlich des primären Endpunktes der kombinierten kardiovaskulären Mortalität, Myokardinfarkt und nicht tödlichem Schlaganfall kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Dies belegt, dass Alogliptin keine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität, jedoch auch keinen Nutzen hinsichtlich dieser Risikokonstellation über den angegebenen Zeitraum aufweist. neuesten Erkenntnissen Oktetts angesehen. Die Diskussion hinsichtlich einer Zulassung der Gliptine wurde in den letzten Monaten durch den Gemeinsamen Bundesausschuss beraten und aufgrund der jetzt vorliegenden Studienlage entschieden. Nachdem das IQWIG die geringe Zahl an aussagefähigen Studien kritisierte, wurden in einer engen Abstimmung für einige Gliptine eine geringe Zusatztherapie in der Monotherapie und ein Anhalt für einen Zusatznutzen in der Kombinationstherapie mit Metformin festgestellt. Insbesondere die verringerte Zahl an Hypoglykämien im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen wurde hier herausgestellt. In weiteren Anwendungsgebieten wurde jedoch kein Zusatznutzen aufgrund der fehlenden Datenlage konstatiert. Aufgrund der unterschiedlichen Eliminierung über die Nieren und Leber sind Gliptine Prof. Dr. med. Peter R. Mertens peter.mertens@med.ovgu.de in ihren Halbwertszeiten deutlich divergent und erfordern teilweise eine Dosisanpassung (Sitagliptin und Vildagliptin) bzw. werden ab einer präterminalen Niereninsuffizienz nicht mehr empfohlen (Saxagliptin). Bei einigen, vornehmlich hepatisch metabolisierten Gliptinen mit deutlich verlängerter Halbwertszeit ist eine Dosisanpassung in Abhängigkeit von der Nierenfunktion nicht durchzuführen (Linagliptin). Bei den GLP1-Analoga ist aufgrund der erwünschten Nebenwirkungen einer Nausea bzw. Inappetenz mit Gewichtsabnahme ein günstiger Effekt auf das Körpergewicht in vielen Studien nachgewiesen. Durch eine kleine Studie wurde postmortem der Effekt einer inkretinbasierten Therapie auf die Alpha- und Betazellmasse, Insulin und Glucagonsynthese und Entwicklung von Glucagon exprimierenden Mikroadenomen im Pankreas untersucht. Diese vielbeachtete Arbeit wirft Fragen auf, die Tragweite der Schlussfolgerungen wurde inzwischen jedoch relativiert. Der Frage, ob unter einer inkretinbasierten Therapie die Zahl an Bauchspeicheldrüsenentzündungen zunimmt, wurde in einer populationsbasierten Fall-Kontrollstudie mit 1.269 Pankreatitisfällen adressiert [3]. Conferences 33

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