38. Nephrologisches Seminar in Heidelberg Aktuelle Aspekte zum Diabetischen Fuß Ralf Lobmann, Stuttgart In Deutschland sind rund 8 Millionen Menschen an einem Diabetes mellitus erkrankt und das diabetische Fußsyndrom ist dabei für 25 % der Gesamtkosten und 47 % der stationären Liegetage verantwortlich. Die diabetische Neuropathie (dNP) ist klassische Ursache des diabetischen Malum perforans, wobei auch die Systemkrankheit Diabetes mellitus mit der Störung der Blutviskosität, der Mikrozirkulationsstörung, der pAVK und einer gestörten inflammatorischen Reaktion zur Wundheilungsstörung führt. Der Anteil nichttraumatischer Amputationen liegt, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, bei 4,8 %, bei isolierter Betrachtung der Diabetiker dagegen bei 20- 50 % und 50.000 pro Jahr. Patienten nach einer Oberschenkelamputation werden nur zu rund 20 % wieder mobil. Zeichen einer sensorischen Neuropathie sind ein Verlust des Vibrationsempfindens, Sensibilitätsausfälle und Parästhesien. Eine für den Patienten meist stark belastende Form der dNP ist das sog. “Burning-Feet-Syndrom”, das besonders nachts und mit erheblichen Schmerzsensationen auftritt. Die motorische Neuropathie geht mit einer Atrophie der kleinen Fußmuskeln einher, dies bewirkt Die Behandlung des diabetischen Fußes ist eine klassische interdisziplinäre Aufgabe. Sie wird nur durch breit gefächerte Maßnahmen zum Erfolg führen. Conferences Dabei wird immer noch in 2/3 der Fälle eine Majoramputation durchgeführt, obwohl das Krankheitsbild der neuropathischen Fußläsion die Domäne der Minoramputation wäre. Die 1-Jahres- Mortalität nach Amputation liegt bei 20 % und Abbildung 1: Typisches Ulkus bei einem Patienten mit Diabetes mellitus. eine Fehlstellung der Zehen im Sinne der sog. Krallenzehen. Außerdem kommt es zu motorischen Paresen und einem Verlust der Muskeleigenreflexe, wobei der Ausfall des Achillessehnenreflexes eines der Frühsymptome der dNP ist. Durch eine periphere autonome Neuropathie kommt es zu einer Lähmung der Vasomotoren mit Eröffnung von arteriovenösen Shunts, in deren Folge eine periphere Luxusperfusion mit Minderperfusion im distalen Fußbereich feststellbar ist. Auch ein Verlust der Schweißsekretion (Sudomotorenparese), die Mediasklerose, die Osteo-Arthropathie (Charcot-Fuß) und Veränderungen der Hautdicke und plantaren Fettpolster sind auf die autonome Neuropathie zurückzuführen. Die Entstehung des klassischen neuropathischen Ulkus ist als Resultat des Verlustes der Schmerzwahrnehmung mit nachfolgender, unbemerkter (Mikro-)Traumatisierung im Rahmen einer veränderten Hauttrophik und Durchblutung zu sehen. 36
Aktuelle Aspekte zum Diabetischen Fuß Pathophysiologie der Wundheilung beim chronischen diabetischen Ulkus Diabetes per se ist ein Störfaktor einer geordneten Wundheilung, verbunden mit erhöhter Infektionsrate sowie Störungen der Konzentration und des Verhältnisses einzelner Mediatoren der Wundheilung (Wachstumsfaktoren, Interleukine, Proteasen). In den Wundsekreten chronischer Wunden ist daher eine deutlich erhöhte und verlängerte Proteasenaktivität festzustellen. Persistierend hohe Konzentrationen insbesondere von sog. Metallo- Matrix-Proteasen (MMP) im Wundsekret führen mit zu einer Chronifizierung. Neben der protrahierten physiologischen Wirkung der Proteasen (wie die Fenestrierung der Basalmembran, Débridement der Matrix, Induktion der Gefäßknospung im Rahmen der Neoangiogenese usw.) ist eine hohe MMP-Aktivität geeignet, die Wundmatrix, endogene Wachstumsfaktoren und auch deren Rezeptoren zu denaturieren. Diagnostik des diabetischen Fußes Die Haut des Fußes ist aufgrund der autonomen Neuropathie sehr trocken, weist häufig Rhagaden und erhebliche Hyperkeratosen auf. Druckbelastete Regionen sind bevorzugte Lokalisationen (Metatarsale I, Ferse), und im Zehenbereich sind Läsionen durch zu enges und ungeeignetes Schuhwerk möglich. Im Rahmen der klinischen Untersuchung ist eine Inspektion von Gang- und Standbild, des Fußskelettes und des Schuhwerkes unerlässlich. Die neurologischen Basisparameter (Sensorik, warm-kalt Empfinden, Vibrationsempfinden, Muskeleigenreflexe) können mittels einfacher Verfahren erhoben werden. Die Differenzierung zur pAVK erfolgt durch die Erfassung des Pulsstatus, einer Doppler- oder Duplexsonographie sowie die Bestimmung des Knöchel-Arm-Verschlussindex. Prof. Dr. med. Ralf Lobmann r.lobmann@klinikum-stuttgart.de Bei einem Verdacht auf eine Gefäßbeteiligung muss eine Gefäßdarstellung (intraarterielle DSA mit Darstellung der Fußgefäße, alternativ Angio- MRT) erfolgen. Konservative Therapie Die Blutzuckereinstellung ist Voraussetzung für die Optimierung der beeinträchtigten Wundheilung. Durch eine Normoglykämie wird eine Verbesserung der Erythrozytenflexibilität, die Aufhebung der kapillären Blockade durch Makrophagenaktivierung in der Endstrombahn, eine Verringerung der endothelialen Dysfunktion und die Aufhebung der hyperglykämie-induzierten Immundefizienz erreicht. Das infizierte diabetische Ulkus und die Gangrän zeichnen sich durch ein breites Spektrum sowohl gramnegativer als auch grampositiver anaerober und aerober Erreger aus, wobei zumeist eine Mischinfektion vorliegt. Zu den Erstmaßnahmen in der Therapie des diabetischen Fußes gehört neben dem Wundcleansing und dem -debridement ggf. eine systemische Conferences 37
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