Interview mit Prof. Dr. med. Ralf Gold Neurologie aktuell: Mensch im Blick - Gehirn im Fokus und viele neue Leitlinienempfehlungen Neurologen behandeln aktuell bis zu 2,8 Millionen Patienten pro Jahr mit unterschiedlichsten Krankheitsbildern − von Epilepsie über Multiple Sklerose, M. Parkinson und Demenz bis hin zu Schlaganfällen und verschiedensten Arten von Schmerzen. Ein gleichsam breites Spektrum neurologischer Diagnosen und Therapieoptionen reflektierte der DGN-Kongress 2015 als das zentrale Wissenschafts-, Fortbildungs- und Diskussionsforum der Fachrichtung, zu dem sich im September 2015 rund 6.000 Experten für Gehirn und Nerven in Düsseldorf trafen. hatte im Anschluss Gelegenheit, den Präsidenten der DGN Prof. Dr. Ralf Gold von der Ruhr-Universität Bochum, Direktor der Neurologischen Klinik, zu Highlights des Kongresses und aktuellen Entwicklungen in der Neurologie zu befragen. 88. DGN-Kongress Conferences Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen zum ersten oder wiederholten Mal einen Schlaganfall. Diese Patienten werden überwiegend von Neurologen behandelt. Die S3-Leitlinie zur Sekundärprävention des Schlaganfalls wurde aktualisiert. Unter welchen neuen Aspekten? Anfang 2016 ist der zweite Teil der S3-Leitlinie „Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke“ unter Federführung der DGN und der DSG erschienen. Dieser beschäftigt sich mit Lebensstil-Faktoren und kardiologischen Interventionen zum Schutz vor einem Schlaganfall-Rezidiv. Das erste, bereits ein Jahr zuvor veröffentlichte Kapitel widmete sich der medikamentösen Therapie zur Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls. Ein wichtiger, noch zu wenig beachteter Aspekt ist, dass ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger körperlicher Aktivität, gesunder Ernährung, Nikotinverzicht und optimaler Behandlung der klassischen Gefäßrisikofaktoren das Risiko eines ischämischen Schlaganfalls oder einer Transienten Ischämischen Attacke (TIA) deutlich reduziert. Die Modifikation der auch als „Life’s Simple 7“ bekannt gewordenen Faktoren – Blutzucker, Blutfette, Blutdruck, Body Mass Index, körperliche Bewegung, Diät und Nikotin – kann das Risiko in der Primärund Sekundärprävention um bis zu ca. 50−70 % senken. Ein weiterer Aspekt der neuen Leitlinie sind kardiologische Interventionen zum Schutz vor einem Schlaganfall-Rezidiv. Hierzu gehört zum Beispiel der interventionelle Verschluss des linken Vorhofohrs (LAA). Das linke Vorhofohr, eine für die Herzfunktion weitgehend unbedeutende Aussackung, ist die mit Abstand häufigste Quelle für kardiale Embolien bei Vorhofflimmern. Bisherige Studien zeigen, dass der Verschluss das Risiko eines Schlaganfalls im Vergleich zu Warfarin um 35 % reduziert. Allerdings lag die Komplikationsrate bei ca. 7 %, sank aber mit der Lernkurve des Interventionalisten. Umstritten ist dagegen der Zusammenhang zwischen einem offenen Foramen ovale (PFO) und Schlaganfällen bei jüngeren Patienten; nicht zuletzt auch, weil in drei randomisierten Studien keine Überlegenheit des PFO-Verschlusses mittels einer Schirmchenimplantation gegenüber der allein medikamentösen Therapie gezeigt werden konnte. Ein Risikoscore könnte dabei helfen, junge Patienten zu identifizieren, bei denen das PFO tatsächlich eine ursächliche Rolle bei der Entstehung des Schlaganfalls spielt und die eventuell von einem Verschluss profitieren könnten. Vor welchen neuen Herausforderungen steht die Neurologie durch die Einführung der endovaskulären Therapie in der Akutversorgung des Schlaganfalls? Die endovaskuläre Therapie oder mechanische Thrombektomie ist eine Revolution und ein Meilenstein in der Akutversorgung des Schlaganfalls. 6
Interview mit Prof. Dr. med. Ralf Gold Gleich fünf positive Studien innerhalb des Jahres 2015 brachten bei schweren Schlaganfällen so eindeutige Vorteile der mechanischen Thromb ektomie, dass vier von ihnen aus ethischen Gründen vorzeitig abgebrochen werden mussten. Nimmt man die fünf Studien mit ihren 633 Patienten mit Thrombektomie zusammen und vergleicht die Ergebnisse mit den 650 Patienten mit systemischer Thrombolyse, führte die Thrombektomie zu einer 2,42-fachen Wahrscheinlichkeit, den Schlag anfall nur mit minimalen neurologischen Ausfällen zu überleben. Bezüglich der Sterblichkeit ergab sich ein positiver Trend, und es bestanden keine erhöhten Raten an intrakraniellen Blutungen. Im Gegensatz zur systemischen Thrombolyse, bei der die Rekanalisationsraten zwischen 40 und 50 % liegen, wurden hier Rekanalisationsraten von 70 bis 90 % erreicht. Die gesundheitspolitische Herausforderung wird sein, die Versorgung von Schlaganfallpatienten in Stroke Units und Schlaganfallzentren so zu organisieren, dass möglichst viele Patienten von dieser neuen Therapie profitieren. Vor allem gilt es sicherzustellen, dass die rund 10.000 zusätzlichen radiologisch-interventionellen Eingriffe pro Jahr auch wirklich mit der notwendigen hohen Qualität durchgeführt werden können. Im Rahmen des Kongresses wurde viel über neue Perspektiven in der Therapie der Multiplen Sklerose berichtet. Es gibt auch neue Medikamente. Worauf beruht deren Wirkung und können sie schon verordnet werden? Ja, es gibt eine neue Substanzklasse mit starker Wirksamkeit, die schon bald das Repertoire an Arzneimitteln gegen die Multiple Sklerose ergänzen könnte. Eine große internationale Studie mit 1.800 Patienten kommt zu dem Schluss, dass das Medikament Daclizumab HYP signifikant besser wirkt als die bewährte MS-Arznei Interferon- -1a. Die Schubrate war gegenüber dem Interferon Prof. Dr. med. Ralf Gold Ralf.Gold@rub.de annähernd halbiert. Das Fortschreiten der Behinderung konnte dagegen nicht eindeutig verlangsamt werden. Die Wirksamkeit ist gut, allerdings gibt es auch Nebenwirkungen. Die Balance zwischen Wirksamkeit und dem Risiko unerwünschter Nebenwirkungen ist ein wesentliches Thema in der MS-Therapie. Die Wirkung beruht auf einem subtilen Eingriff in den Signalweg des Botenstoffes Interleukin-2 (IL-2 ): Der humanisierte Antikörper Daclizumab bindet an die CD25-Untereinheit des hochaffinen IL2-Rezeptors und verhindert dort die Signalleitung durch das entzündungsfördernde Zytokin. Die T-Zellen wiederum sind ein wesentlicher Akteur bei jener Immunreaktion, die zu der für MS charakteristischen Zerstörung der Myelinscheiden im Nervensystem führt. Eine Erweiterung des Therapiespektrums verspricht auch der Antikörper Ocrelizumab, für den der Hersteller erst kürzlich positive Daten verkündet hat. In zwei bislang allerdings noch unveröffentlichten Studien mit zusammen annähernd 1.700 Patienten hat Ocrelizumab demnach sowohl Conferences 7
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