Multisystemische Erkrankung Morbus Fabry schon einmal einen Patienten mit Morbus Fabry fehldiagnostiziert“, erklärt Rolfs die Diskrepanz zwischen ca. 800 diagnostizierten, aber nach epidemiologischen Daten vermutlich ca. 90 % unerkannten Fabry-Fällen in Deutschland. Da es sich um eine x-chromosomal vererbte Erkrankung handelt, sind Männer früher und schwerer betroffen als Frauen. Aber auch Frauen können wegen der Inaktivierung eines der beiden x-Chromosomen in jeder Zelle schwer erkranken. Außer einer eingeschränkten Lebensqualität haben M. Fabry-Patienten unbehandelt eine deutlich verkürzte Lebenserwartung. Daten aus dem Fabry Outcome Survey (FOS, einer weltweiten Beobachtungsstudie) sowie aus weiteren Studien konnten zeigen, dass eine kausale Enzymersatztherapie einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat – hinsichtlich der Nierenfunktion [1], der kardialen Masse [2] [3] und des Risikos für ein thromboembolisches Ereignis [4]. Seit 2001 steht eine effektive Enzymersatztherapie für die Erkrankung zur Verfügung. Zur Diagnose des Morbus Fabry genügt bei Männern der Nachweis des Enzymmangels im Blut. Eine zusätzliche genetische Untersuchung des -Galaktosidase A-Gens ist aufgrund der zahlreichen verschiedenen Mutationen mit unterschiedlichem klinischen Verlauf empfehlenswert. Bei Frauen ist ein Gentest erforderlich, da der Enzymspiegel hier meist im Normalbereich liegt, was aber die Erkrankung nicht ausschließt. insbesondere bei jüngeren Patienten mit Schlaganfall, bei Verdacht auf atypische Multiple Sklerose und bei einer Small Fibre Neuropathie unklarer Ursache an M. Fabry denken. Immerhin 10 % aller im Krankenhaus aufgenommenen Patienten mit akuten Schlaganfällen sind unter 55 Jahre alt, berichtete Prof. Dr. Roman Huber, Friedrichshafen. Gerade in dieser Gruppe werde in mehr als der Hälfte der Fälle trotz umfangreicher Abklärung keine Ursache für das Ereignis gefunden. Es sei davon auszugehen, dass in der Gruppe kryptogener Insulte ca. 1-2 % der Fälle auf M. Fabry zurückzuführen sind. Die Selektion betroffener Patienten sei eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe, betonte Professor Huber. Die Schwierigkeit bestehe darin, dass es aufgrund zahlreicher unterschiedlicher Mechanismen, die im Kontext des M. Fabry zu Schlaganfällen führen, keine spezifische Insultpathologie gibt, typische Merkmale also fehlen. So können sowohl intrazerebrale Blutungen Im Focus: Juveniler Apoplex, Small Fibre Polyneuropathie und Verdachtsdiagnose MS Education Um Folgeschäden zu verhindern, sei eine frühe Diagnostik essenziell, erläuterten die Referenten des Symposiums. Deshalb sollte der Neurologe Abbildung 2: Keine Fabry-typischen Muster im MR: A Periventrikuläre White Matter Hyperintensitäten, B Zerebrale Infarkte, C Gefäßschlängelungen, D Pulvinarzeichen 72
Multisystemische Erkrankung Morbus Fabry als auch ischämische Insulte und TIAs auftreten, deren bildmorphologische Korrelate keine Unterscheidung zu Schlaganfällen anderer Genese erlauben, erklärte der Neurologe (Abbildung 2). Andere der o.g. hinweisenden Symptome von hypertropher Kardiomyopathie bis Angiokeratom können richtungsweisend sein, liegen aber nur bei wenigen Patienten vor. Sein Fazit: Bei juvenilem Apoplex unklarer Ursache unbedingt einen Morbus Fabry ausschließen, die entsprechende Diagnostik großzügig einleiten, um evtl. betroffene Patienten zu identifizieren und ggf. eine Therapie entsprechend der verfügbaren AWMF-Leitlinie [1] zu beginnen. Differenzialdiagnose Small Fibre Neuropathie (SFN) Ursache nicht kennt. „Die Schmerzen sprechen auf eine Enzymersatztherapie so gut an, dass ich auf Analgetika verzichten kann“, so die Erfahrung von Dr. Tanislav. Empfohlene Vorgehensweise bei Verdachts diagnose 1. Gespräch mit dem Patienten, Aufklärung 2. ausführliche (Familien)-Anamneseerhebung 3. Diagnostik anbieten, großzügiges Screening 4. nach den heute verfügbaren klaren Indikatoren Enzymersatztherapie beginnen oder sorgfältig monitoren, regelmäßige Untersuchung der Funktionalität der Nieren, des Herzens, MRT zum Nachweis inapparenter Infarkte. Die Ursache einer erst in den letzten Jahren als eigene Krankheitsentität beschriebenen SFN ist eine Schädigung der dünnen afferenten C- und Fasern, die das Schmerz-und Temperaturempfinden leiten, erläuterte Priv.-Doz. Dr. Christian Tanislav, Gießen/Marburg. Eine Reihe von Erkrankungen können solch eine Neuropathie der „kleinen Nerven“ zur Folge haben, u. a. der Diabetes mellitus, der etwa ein Drittel aller Patienten mit SFN ausmacht. Ist auch nach wiederholter ätiologischer Abklärung keine Ursache zu identifizieren, wie es etwa bei 20 bis 30 % der Patienten der Fall ist, sollte ein M. Fabry differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Bereits im Kindes- und Jugendalter auftretende quälende Schmerzen an Händen und Füßen sowie Sensibilitätsstörungen im Sinne einer SFN könnten ebenfalls auf einen M. Fabry hindeuten. Das heißt, alle Ärzte, vom Allgemeinarzt bis zum Pädiater sollten sich mit diesem Krankheitsbild auskennen. Hilfreich kann die Frage nach für eine Fabry- Neuropathie typischen, außergewöhnlich heftigen Schmerzkrisen sein, die man bei SFN anderer Verdacht auf Multiple Sklerose? Es kann auch ein M. Fabry dahinter stecken Da das klinische Bild einer Multiplen Sklerose (MS) sehr ähnlich sein kann, besteht in der klinischen Routine die Gefahr der initialen Fehlinterpretation eines M. Fabry als MS, wie Priv.-Doz. Dr. Tobias Böttcher, Neubrandenburg, anhand eines Fallbeispiels demonstrierte. In einer Untersuchung von 187 Fabry-Patienten konnten elf Fälle (5,9 %) identifiziert werden, die zu Beginn als MS diagnostiziert worden waren, ehe im Verlauf der M. Fabry gesichert werden konnte. Die richtige Diagnose wurde im Mittel erst 12,8 Jahre nach den ersten Symptomen gestellt. Das sei definitiv zu lange, betonte der Referent und empfahl, zur Ausweitung der Diagnostik hinsichtlich eines M. Fabry bei Verdacht auf MS einige „Red flags“ zu beachten: Patienten mit •• asymmetrischen, konfluierenden white matter lesions (WML) im zerebralen MRT ohne oder mit nur geringer Balkenbeteiligung Education 73
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