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CONNEXI 2018-1 NEPHROLOGIE

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FIT4HOME Heimdialyse im Wandel von Demografie und Komorbidität Symposiumsbericht Um auch zukünftig allen Patienten eine Dialysetherapie auf dem heutigen hohen Niveau anbieten zu können, wird es angesichts des demografischen Wandels – sowohl das Alter als auch die Anzahl der Dialysepatienten nehmen bei fortschreitendem Fachkräftemangel zu – zunehmend wichtiger, sich über Effektivitätsreserven im aktuellen System der Dialyse bewusst zu werden. Neben einer erforderlichen Aufwertung des Stellenwerts der Peritonealdialyse als Heimdialyseverfahren werden auch Konzepte zur assistierten Versorgung älterer Patienten in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung an Bedeutung gewinnen. Anlässlich der 9. Jahrestagung der DGfN im September 2017 in Mannheim gaben namhafte Experten einen Überblick über den Ist-Zustand der Heimdialyse in Deutschland und einen Ausblick über noch zu erschließende Potenziale. EDUCATION Im Vergleich zur Hämodialyse (HD) als Zentrumsdialyse werden die kostengünstigeren Heimtherapieverfahren wie Peritonealdialyse (PD) oder Heimhämodialyse in Deutschland nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Aktuellen Schätzungen zufolge werden heute nur ca. 5.500 Patienten mit PD behandelt. Der Anteil der PD-Patienten liegt damit in Deutschland im internationalen Vergleich weit abgeschlagen bei lediglich ca. 6,5 % [1, 2] und das, obwohl sich im direkten Vergleich der Dialysemodalitäten in großen Registerstudien keine relevanten Vor- oder Nachteile eines der beiden Nierenersatzverfahren hinsichtlich der Mortalität nachweisen ließen [3–5]. Ganz im Gegenteil, die PD erwies sich insbesondere in den ersten 2–3 Jahren sogar als das überlegene Konzept [5, 6], was u. a. auf einen besseren Erhalt der renalen Restfunktion bei PD-Patienten zurückgeführt wurde [5]. Sucht man nach den Ursachen für die herrschende Diskrepanz bei der Wahl der Dialyse modalität, so werde, wie Prof. Achim Jörres, leitender Nephrologe der Klinik für Nephrologie, Transplantationsund internistische Intensivmedizin im Klinikum Köln-Merheim, ausführte, schnell deutlich, dass der geringe PD-Anteil in Deutschland weniger auf der Grundlage medizinischer Evidenz entstehe, sondern überwiegend von spezifischen Strukturaspekten, Vergütungsregelungen und dem Ausbildungsstand der Nephrologen bestimmt werde [7]. Zwar sei die Vergütung für HD und PD in Deutschland inzwischen angeglichen worden, in puncto Ausbildung, Patientenaufklärung und Investitionen in die PD-Infrastruktur beständen aber nach wie vor unvertretbar große Defizite. Warum also Heimtherapie? Neben medizinischen und ökonomischen Aspekten spricht aus der Betroffenenperspektive einiges für die Heimdialyse. Viele Patienten berichten von einer besseren Lebensqualität bei größerer Unabhängigkeit. Unter anderem ist es oftmals einfacher, den Beruf weiter auszuüben. Es bleibt mehr Zeit für ein Privatleben, Zeit, die man mit Familie und Freunden verbringen kann. PD-Patienten sind flexibler bei der Planung von Reisen. Es gibt weniger Einschränkungen bezüglich der Trinkmenge und Diät. Die Erholungszeiten nach einer Dialysebehandlung entfallen ganz oder fallen zumindest deutlich kürzer aus. Auch die Medikamentenlast ist im Vergleich zur HD meist geringer und Krankheitssymptome sind weniger ausgeprägt. Wim van Biesen legte 2000 den wissenschaftlichen Grundstein für das Konzept PD first. Er konnte bestätigen, dass das Überleben bei HD- und PD- Patienten gleich ist und belegte mit seinen Daten, dass jene Patienten das beste Outcome hatten, die initial mit der PD begannen und zum medizinisch indiziert richtigen Zeitpunkt an die HD wechselten [8]. Daraus leitet sich das Integrated-Care- 28

FIT4HOME Tabelle 1: Assistierte Dialyse in unterschiedlichen Wohnformen Assistierte Heimdialyse in der Herkunftshäuslichkeit Assistierte Heimdialyse in betreuten Wohnformen Assistiertes Heimdialyseverfahren in der außerklinischen Beatmungspflege Assistierte Heimdialyse in Pflegeheimen Der Bedarf der assistierten PD wird am häufigsten in der eigenen Häuslichkeit von älteren Patienten angefragt. Hier können die ambulanten Pflegedienste im Rahmen der Tourenversorgung und -planung bedürftige Menschen zu Hause unterstützen. Da mit dem Älterwerden oftmals vielseitige Einschränkung im Bereich der Grundpflege, der Mobilität u.v.m. auftreten, Ieben viele ältere Menschen in betreuten Wohnformen wie z. B. in betreuten Senioren-WGs oder betreuten Einzelwohnungen. In der Regel betreuen in diesen Wohnformen regelmäßig examinierte Pflegekräfte die dort Iebenden Menschen. Auch hier kann durch den Pflegedienst eine Fachkraft eine assistierte Unterstützung in der PD durchführen. Das betreute Wohnen Intensiv bietet Patienten mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz und invasiver Beatmungspflicht eine assistierte Versorgung in der Heimdialyse (sowohl in der Hämo- als auch in der Peritonealdialyse). Auch diese Assistenz zählt zu der klassischen pflegerischen Heimdialyseversorgung. Dialysepflichtige Menschen, die in einer stationären Pflegeeinrichtung Ieben, haben die Möglichkeit durch einen qualifizierten Pflegedienst das Heimdialyseverfahren in Anspruch zu nehmen. Konzept der Nierenersatztherapie ab, in dem PD, HD und NTx nicht als konkurrierende, sondern als einander ergänzende Verfahren verstanden werden. Hinsichtlich des Vergleichs der Mortalität zwischen PD und Hämodialyse stammen die aktuellsten und besten Daten aus den USA aus dem Jahr 2014. Die Autoren konnten einen Überlebensvorteil für PD-Patienten in den ersten drei Jahren zeigen (Intention-to-treat-Analyse) [5]. Welche Patienten kommen in Frage? Grundsätzlich kommen alle dialysepflichtigen Patienten für eine PD in Frage. „Geht nicht, gibt es nicht (mehr)“, formulierte der Arzt und Nephrologe Dr. Christof Roll aus dem Klinikum der Stadt Ludwigshafen. Und nahm damit Bezug auf die nach wie vor eher defensive Haltung vieler betreuenden Nephrologen bei der Indikationsstellung. Echte Kontraindikationen für eine PD gibt es tatsächlich nur wenige. Die Studienlage ist eindeutig, bei 70–80 % der Patienten ließe sich grundsätzlich eine PD durchführen [9]. Weder Adipositas noch intraabdominelle Adhäsionen oder Zystennieren gelten heute noch als absolute Kontraindikationen. Auch bei der Leberzirrhose mit Aszites kann PD eingesetzt werden. Selbst bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) könnte die PD laut den aktuellen ISPD-Leitlinien [10] durchgeführt werden, solange es sich nicht um ein florides, akut entzündliches Geschehen handelt. „Wobei wir im Klinikum Ludwigshafen bei Patienten mit CED absolute Zurückhaltung üben", führte Roll aus. „Anders sieht es bei voroperierten Patienten aus, hier kann durch laparoskopisch durchgeführte Adhäsiolyse in den meisten Fällen ein Tenkhoffkatheter angelegt werden.“ Eine weitere Gruppe, bei der häufig keine PD angeboten wird, sind Patienten mit ungeplantem Dialysestart. Abgesehen davon, dass ein ungeplanter Dialysestart per se ein Risiko für den Patienten darstellt, welches durch rechtzeitige Planung in der Regel vermeidbar ist, zeigen mittlerweile Registerdaten aus den USA und Kanada, dass bei nahezu EDUCATION 29

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