DAS „HUMAN BRAIN PROJECT“ Herausforderungen und Chancen für die Hirnforschung Katrin Amunts*, Düsseldorf, Jülich Nervenfaserverbindungen im Hippocampus des Menschen, sichtbar gemacht mit Polarized Light Imaging (PLI) CONFERENCES Das menschliche Gehirn zu verstehen ist eine der großen wissenschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Hier erfolgreich zu sein bedeutet, tiefere Einsichten darüber zu erhalten, was uns als Menschen auszeichnet, völlig neue Computer bauen zu können und dazu beizutragen, neue Therapien zu entwickeln. Im Europäischen Human Brain Project (HBP) verfolgen wir das Ziel, Entwicklungen in Neurowissenschaft, Medizin, Computing und Robotik in fruchtbare Verbindung zu bringen und so den Erkenntnisfortschritt zu beschleunigen. Diese Forschungsfelder sind heute an einem Punkt gelangt, an dem jeder Bereich von der Verbindung mit dem anderen profitieren kann: Grundlagen- wie klinisch orientierte Hirnforscher kommen an der Digitali- * Frau Professor Katrin Amunts ist Scientific Director des Human Brain Projects 16
DAS „HUMAN BRAIN PROJECT“ sierung und dem Höchstleistungsrechnen nicht mehr vorbei – zu komplex ist das System der etwa 86 Milliarden Nervenzellen, zu groß die Datensätze, die mit immer hochauflösenderen Methoden gewonnen werden. Gleichzeitig inspirieren gewonnene Erkenntnisse über das Gehirn neue Technologiesysteme für neuromorphes Computing, künstliche Intelligenz und Robotik. Das HBP ist ein Flagship-Projekt der Europäischen Kommission, das seit 2013 gefördert wird und eine Laufzeit von zehn Jahren hat. Es verbindet neurowissenschaftliche und klinische Forschung mit der Entwicklung einer IT-basierten Forschungsinfrastruktur für Modellierung, Simulation und Datenanalyse [1]. Mehr als 500 Forscher in 19 Ländern sind beteiligt. Kliniker und Wissenschaftler weltweit können die Plattformen des HBP für ihre Forschung nutzen, neue Daten in ein gemeinsames Referenzsystem einbringen, analysieren und teilen. So ließe sich der enormen Komplexität des Gehirns – und insbesondere der Herausforderung, die verschiedenen Skalen seiner Organisation zu überbrücken – auf neue Weise begegnen. Ziel ist es, das Wissen des Feldes zusammenzubringen und eine Basis für mehr Zusammenarbeit zu schaffen. Sechs Plattformen sind in einer ersten noch vorläufigen Testfassung im März 2016 für Testnutzer zugänglich gemacht worden, derzeit werden sie zu einer einzelnen HBP Joint Platform zusammengeführt. In sogenannten Co-Design-Projekten und Use Cases arbeiten Neurowissenschaftler und Kliniker dabei Hand in Hand mit Computing-Experten, um Forschungsfragen zu lösen und gleichzeitig Werkzeuge zu entwickeln, die später der gesamten Community zur Verfügung gestellt werden. Auch über die Projektlaufzeit bis 2023 hinaus soll die so entstehende föderierte europäische Forschungsinfrastruktur für Nutzer auf der ganzen Welt offen stehen. Prof. Dr. med. Katrin Amunts, k.amunts@fz-juelich.de Von der Forschung in die Praxis Viele der Projekte haben bereits klinisch relevante Ergebnisse hervorgebracht. Um einige Beispiele zu nennen: Im Bereich der Epilepsie- Forschung arbeiten Wissenschaftler im HBP zum einen daran, neue Möglichkeiten der EEG-Datenauswertung und -visualisierung für die experimentelle Arbeit bereitzustellen. Zum anderen haben theoretisch arbeitende Kollegen um Viktor Jirsa ein Epilepsie-Modell entwickelt, das die Ausbreitung der Anfallsaktivität im Gehirn voraussagen kann. Für Kliniker könnte das Modell einmal zusätzliche Informationen zur OP-Vorbereitung medikamentös nicht behandelbarer Patienten bringen. Nach einer vielversprechenden Proof of Concept-Studie [2] ist ein größerer klinischer Test nun in Vorbereitung. Für klinische Fragen interessant ist weiterhin der multimodale, alle Skalen übergreifende und online zugängliche 3D-Gehirnatlas, den das HBP entwickelt. Hierbei fließen unter anderem der Atlas JuBrain [5] und das Referenzgehirn BigBrain [6] ein, die wir am Forschungszentrum Jülich erarbei- © Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau CONFERENCES 17
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