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CONNEXI 2018-3 NEUROLOGIE

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THROMBO-INFLAMMATION

THROMBO-INFLAMMATION CONFERENCES Univ.-Prof. Dr. Guido Stoll stoll_g@ukw.de nach Schlaganfall ebenso geschützt wie Wildtypmäuse nach Thrombozytenblockade. Transferiert man diesen immundefizienten Mäusen T-Zellen, geht der Schutz vor Schlaganfällen wieder verloren. Die schädigenden Effekte der T-Zellen wiederum sind abhängig von der Präsenz von Thrombozyten, erfordern aber keine spezifische immunologische Aktivierung wie bei klassischen Autoimmunerkrankungen. Aufgrund der Ergebnisse im SFB 688 wurde in Würzburg der nunmehr international etablierte Begriff der „Thrombo-Inflammation“ geprägt, der ein Zusammenspiel von Thrombozyten und Immunzellen im zuvor ischämischen Hirnparenchym als Effektormechanismus der Hirnschädigung postuliert [5]. Trotz eines noch unvollständigen Verständnisses dieser Zell-Zellinteraktionen lassen sich jetzt schon vielversprechende Therapieansätze in der Reperfusionsphase nach zerebraler Ischämie ableiten, z. B. die Blockade von GPIb/VWF-Interaktionen, die Interferenz mit GPVI und die Hemmung von thrombo-inflammatorischen Signalkaskaden um den Gerinnungsfaktor XII [6,7] als Alternative zu konventionellen Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien, die wegen der erhöhten Blutungsgefahr nicht in Betracht kommen. Entsprechende innovative „blutungsarme“ Inhibitoren befinden sich in der klinischen Entwicklung [7]. (s. auch Beitrag B. Nieswandt in dieser Ausgabe) Unsere Ergebnisse sind einer engen Zusammenarbeit der Neurologischen Universitätsklinik mit dem Lehrstuhl für Vaskuläre Biologie am Rudolf- Virchow-Zentrum, Prof. Dr. Bernhard Nieswandt, zu verdanken. Es ist damit gelungen, pharmakologische und transgene Modelle grundlegender Thrombozytenfunktionen auf klinisch brennende Fragestellungen in der Schlaganfallmedizin zu übertragen, in der Hoffnung, durch neue, „blutungsfreie“ Antithrombotika die Prognose von Schlaganfallpatienten nach mechanischer Thrombektomie mittelfristig verbessern zu können. Literatur: 1. Grotta JC, Hacke W. Stroke Neurologist‘s Perspective on the New Endovascular Trials. Stroke; a journal of cerebral circulation 2015;46: 1447−1452. 2. Stoll G, Kleinschnitz C, Nieswandt B. Molecular mechanisms of thrombus formation in ischemic stroke: novel insights and targets for treatment. Blood 2008;112: 3555−3562. 3. Deppermann C, Kraft P, Volz J et al. Platelet secretion is crucial to prevent bleeding in the ischemic brain but not in the inflamed skin or lung in mice. Blood 2017;129: 1702−1706. 4. Kleinschnitz C, Schwab N, Kraft P et al. Early detrimental T-cell effects in experimental cerebral ischemia are neither related to adaptive immunity nor thrombus formation. Blood 2010;115: 3835−3842. 5. Nieswandt B, Kleinschnitz C, Stoll G. Ischaemic stroke: a thrombo-inflammatory disease? The Journal of physiology 2011; 589: 4115−4123. 6. Kleinschnitz C, Stoll G, Bendszus M et al. Targeting coagulation factor XII provides protection from pathological thrombosis in cerebral ischemia without interfering with hemostasis. The Journal of experimental medicine 2006; 203: 513−518. 7. Hagedorn I, Schmidbauer S, Pleines I et al. Factor XIIa inhibitor recombinant human albumin Infestin-4 abolishes occlusive arterial thrombus formation without affecting bleeding.Circulation 2010;121: 1510−1517. 48

SCHLAGANFALL Multimodale Sekundärprävention − Polypille? Lebensstiländerung? Dirk Sander, Tutzing Der Schlaganfall stellt weiterhin die Erkrankung dar, die am häufigsten zu einer bleibenden Behinderung führt. Es wird geschätzt, dass ca. 25−30 % aller Schlaganfälle Rezidive sind. Diese führen häufiger zu einer bleibenden Beeinträchtigung und einer erhöhten Mortalität und verursachen daher auch höhere Kosten als Erstschlaganfälle. Einer effektiven Sekundärprävention kommt daher eine wesentliche Bedeutung zu. Patienten mit zerebrovaskulären Ereignissen weisen häufig arteriosklerotische Veränderungen in anderen Gefäßterritorien (12 % eine pAVK, 24 % eine KHK) [1] und multiple Risikofaktoren auf (z. B. Hypertonus, Diabetes, Nikotin), so dass eine optimale Schlaganfall-Prävention möglichst multimodal (pharmakologisch, Beratung, Lebensstilmodifikation etc.) sein sollte [1]. Im Folgenden werden Möglichkeiten, Effektivität und mögliche Limitationen eines solchen multimodalen Ansatzes zur Prävention des Schlaganfalls dargestellt. Wie effektiv ist Sekundärprävention? Der Einfluss modifizierbarer Risikofaktoren auf das erstmalige Auftreten eines Schlaganfalls wurde anhand der Daten von 26.329 Teilnehmern der Tromsö-Studie zwischen 1995−2012 analysiert [2]. Die Optimierung kardiovaskulärer Risikofaktoren erklärte 57 % des beobachteten Rückgangs neuer Schlaganfälle. Die beiden wichtigsten Risikofaktoren für die Schlaganfallreduktion waren ein reduzierter systolischer Blutdruck (26 % der Variabilität) und geringerer Nikotinkonsum (17 %). Schwedische Registerdaten [3] von 1998−2010 belegten einen signifikanten Rückgang der 1-Jahres-Rezidivrate in diesem Zeitraum bei allerdings deutlich erhöhten Rezidivraten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne bisherigen Schlaganfall (Abbildung 1). Blutdruck Der wichtigste Risikofaktor für einen Schlaganfall ist der Hypertonus. Seit den Ergebnissen der SPRINT („Systolic Blood Pressure Intervention Trial“)-Studie [4], die eine verminderte kardio- CONFERENCES 49

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