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CONNEXI 2018-3 NEUROLOGIE

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THE STORY BEHIND® Das

THE STORY BEHIND® Das verwirrende Gehirn Michael Kaplan, Edinburgh Falls Ihnen schon einmal der Gedanke gekommen ist, unsere Welt biete heute keine echten Wunder mehr – denken Sie an dieses: den komplexesten Klumpen Materie im gesamten bekannten Universum. In wissenschaftlichen Studien, die seit Generationen andauern, ist es endlich gelungen, wenigstens einige seiner Mechanismen auf lokaler Ebene zu entschlüsseln. Aber wie diese lokalen Mechanismen mit der Funktion als Ganzes zusammenhängen, verstehen die Experten ebenso wenig wie die Laien. Über die Vorgänge in seinem Inneren wissen wir weniger als über die funktionale Struktur weit entfernter Milchstraßensysteme. Es wiegt etwa 1,4 Kilo, und seine Konsistenz ähnelt der von Zahnpasta. Wir tragen es zwischen den Ohren. Das menschliche Gehirn entzieht sich unter anderem deswegen dem menschlichen Verständnis, weil es etwas repräsentiert, das es selbst nicht so einfach verstehen kann: große Zahlen. Unser Gehirn enthält etwa 86 Milliarden Neuronen, und jedes einzelne hat Verbindung mit bis zu 10.000 weiteren. Die Zahl der neuronalen Verbindungen in einem einzigen Kubikzentimeter Gehirn ist größer als die Zahl sämtlicher Sterne unserer Milchstraße. Ginge es nur um die Größenordnungen, dann könnten wir diese ungeheuren Mengen mithilfe der Mathematik bewältigen. Schließlich ist es deren Aufgabe, die Regeln zu entdecken, die hinter allen denkbaren Fällen verborgen liegen. Aber die Mathematik der Neurowissenschaften ist dermaßen komplex, dass sich die chaotische Mathematik der Wettervorhersagen (die ja bekanntlich in der prädiktiven Genauigkeit immer wieder an ihre Grenzen stößt) dagegen als geradezu simpel darstellt. Also modellieren und simulieren die Wissenschaftler und statten ihre Modelle mit der Fähigkeit aus, sich während der Prozesse selbst zu modifizieren. Dadurch sollen die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns am besten nachgeahmt werden. Die Ergebnisse sind beeindruckend – inzwischen werden die besten Go-Spieler der Welt durch neuronale Netzwerke besiegt. Allerdings bringt der Erfolg der neuronalen Simulation neue Herausforderungen mit sich: Wir verlagern die bestehende Unsicherheit über die Funktion des Gehirns aus dem Schädelinneren hinaus in die Welt. EDUCATION Wo entstehen hierbei die Probleme am deutlichsten? 1. in der Mathematik? 2. in der Rechtswissenschaft? 3. in der Logik? Senden Sie uns Ihre Antwort über unsere Website Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir ein Buch über Wissenschafts- und Medizingeschichte. 54

SCHLAGANFALL Perspektiven und Herausforderungen der Aphasietherapie Hellmuth Obrig und Frank Regenbrecht, Leipzig Zum Zeitpunkt eines Schlaganfalles besteht bei etwa einem Drittel aller Patienten eine Aphasie. Trotz teils kompletter Rückbildung in der Akutphase leiden nach drei Monaten noch etwa 25 % [1] und langfristig etwa 20 % [2, 3] der Patienten an einer alltagsrelevanten Sprachstörung. Solche chronischen Aphasien führen neben dem enormen persönlichen Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen auch zu relevanten Belastungen für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft [4, 5]. Aphasietherapie muss daher ein zentrales Anliegen der Gesundheitsforschung sein. Während Sprachtherapie regelhaft in der akuten, subakuten und chronischen Phase des Schlaganfalles vorgehalten wird, ist die Wirksamkeit nur teilweise belegt. Der grundsätzliche Benefit ist aufgrund der sehr großen Anzahl von positiven, wenn auch meist fallzahlschwachen Studien anzunehmen [6]. Nur ungenügend ist aber geklärt, wann, wie intensiv, wie lange und wie spezifisch Aphasietherapie erfolgen muss, um maximale Behandlungserfolge zu erzielen. So wird etwa ein früher Beginn der Therapie empfohlen, da eine Metaanalyse ergab, dass unverzügliche Intervention das Outcome relevant verbessert [7]. Vor kurzem konnte jedoch eine große und qualitativ hochwertige Studie keinen Effekt nachweisen: Patienten, die im Mittel 24 Stunden Sprachtherapie innerhalb der ersten vier Wochen nach dem Ereignis erhielten, zeigten keinen besseren Behandlungserfolg in einem Maß der Alltagskommunikation im Vergleich zur sehr niederfrequent oder nicht therapierten Vergleichsgruppe [8]. Für die chronische Phase konnte eine rezente deutschlandweite, multizentrisch durchgeführte Studie belegen, dass eine dreiwöchige intensive Aphasietherapie wirkt. Auch viele Jahre nach dem Schlaganfall kann eine intensive Therapie die Alltagskommunikation noch relevant verbessern. Optimaler Beginn, Dauer und beste Therapieform sind jedoch nur unzureichend erforscht - eine Herausforderung der sich Therapeuten, Ärzte und Gesundheitswissenschaftler in international vergleichbaren Studien stellen müssen. CONFERENCES 55

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