PSYCHIATRIE IM 21. JAHRHUNDERT •• Eine flächendeckende leitliniengerechte ambulante und stationäre Versorgung zu garantieren und zu finanzieren, denn mit der Novellierung des Entgeltsystems für psychiatrische und psycho somatische Kliniken steht die stationäre Psychiatrie vor einer Neuausrichtung, doch entscheidende Fragen der Umsetzung sind noch ungeklärt. •• Die gesellschaftliche Teilhabe langfristig sicherzustellen. CONFERENCES Psychiatrieforschung auf dem Weg in die Zukunft Angesichts der Bedeutung von psychischen Störungen für die Gesellschaft hat die Forschung über neue Ansätze für die Prävention, Diagnostik und Therapie einen hohen Stellenwert. Führende Wissenschaftler aus über 120 Nationen stellten auf dem Weltkongress in Berlin zukunftsweisende Forschungsansätze vor, die schon bald den Weg in die psychiatrischen Praxen und Kliniken in Deutschland finden könnten. Beispielsweise wurden Methoden vorgestellt, wie mit moderner Bioinformatik die Ursachen von psychischen Erkrankungen aufzuspüren sind, mit neuesten Bildgebungsverfahren Krankheitsmechanismen durchschaubar gemacht werden können und wie man mit selbstlernenden Algorithmen Muster für passgenaue Therapien finden kann. Veranlagung und Vorhersehbarkeit: Erkenntnisse der Epigenetik Depressionen und Angsterkrankungen sind in vielen Fällen auch die Vorläufer für weitere psychische Erkrankungen wie z. B. Suchterkrankungen, verdeutlichte Prof. Dr. Dr. Katharina Domschke, Ärztliche Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg. Hunderte von Genen sind es, die bei Menschen das Risiko für eine psychische Erkrankung wie z. B. Prof. Dr. Dr. Katharina Domschke eine Angststörung erhöhen. Doch nur ein Teil der Menschen erkrankt daran. Denn die Angstgene werden erst durch bestimmte Umweltfaktoren aktiv. So kann zum Beispiel Stress bei Menschen mit entsprechender genetischer Veranlagung eine „Über epigenetische Marker lassen sich personalisierte Behandlungsstrategien z. B. bei Depressionen und Angsterkrankungen entwickeln .“ Panikstörung auslösen. Diese Zusammenhänge werden im noch jungen Forschungsgebiet der Epigenetik, die eine Art Scharnier zwischen Genetik und Umwelt zu sein scheint und bei Stress Risikogene „anschaltet“, untersucht. Umgekehrt könne z. B. Psychotherapie über epigenetische Prozesse 64
PSYCHIATRIE IM 21. JAHRHUNDERT diese Risikogene wieder abschalten, erklärte Frau Prof. Domschke. Auf Basis epigenetischer Marker können also bei Personen mit einem erhöhten Erkrankungs risiko frühzeitig ganz gezielt präventive Maßnahmen ergriffen werden. Doch auch bereits erkrankte Patienten können von dem Verfahren profitieren, denn über epigenetische Informationen lassen sich personalisierte und damit hochwirksame Behandlungsstrategien entwickeln. Neue Perspektiven in der pharmakologischen Therapie Medikamente zur Behandlung verschiedener psychischer Störungen zeichnen sich durch eine hohe Wirksamkeit aus. Diese sind jedoch häufig auch mit relevanten Nebenwirkungen verbunden, die zu Störungen der Adhärenz und Lebensqualität führen können. Neue pharmakologische Therapien, die bekannte Prinzipien mit neuen Methoden kombinieren, haben das Potenzial, vergleichbar effektiv und besser verträglich zu sein und somit die Versorgungssituation zu verbessern, erläuterte Priv.- Doz. Dr. Alkomiet Hasan, Stv. Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig- Maximilians-Universität München. „Die enge Verzahnung zwischen pathophysiologisch orientierter Forschung und subgruppenorientierter Medikamentenentwicklung birgt vielversprechende Chancen.“ Abbildung 1: Neue Pharmaka müssen stets in einen psychosozialen Gesamtbehandlungsplan eingebettet werden. Viele der heute in der Psychiatrie verwendeten pharmakologischen Prinzipien bestehen schon viele Jahre, wohingegen pathophysiologisch orientierte Therapien, bei denen es z. B. um die gezielte Modulation von Stoffwechselwegen in bestimmten Hirn arealen geht, noch recht neu sind. Auch wenn diese Ansätze allein bisher keinen Durchbruch in der Behandlung psychischer Störungen erbracht haben, so berge die enge Verzahnung zwischen pathophysiologisch orientierter Forschung und subgruppenorientierter Medikamentenentwicklung vielversprechende Chancen. Es müssen dabei nicht nur neue Pharmaka entwickelt, sondern auch lange bekannte Prinzipien aus der gesamten Medizin neu erprobt werden (Drug repurposing). Obwohl die diagnostischen Manuale den Eindruck erwecken, dass psychische Störungen homogen sind, wissen wir, dass die klinische, aber auch die wissenschaftliche Realität anders sind, konstatierte Hasan. In der Psychiatrie haben wir sehr heterogene Patientenkollektive, bei denen Genetik, CONFERENCES 65
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