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CONNEXI 2018-5 AIDS und HEPATITIS

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Magazin über AIDS und Hepatitis, Retrospektive von den Münchner AIDS und Hepatitis Tagen

INTERVIEW

INTERVIEW HIV-Prävention braucht neue Versorgungsstrukturen mit Dr. Hans Jäger, München und Priv.-Doz. Dr. Christian Hoffmann, Hamburg Mit den aktuell sehr gut wirksamen und verträglichen Möglichkeiten der HIV-Therapie ist das Thema Heilung etwas in den Hintergrund gerückt. Der Fokus richtet sich angesichts der jährlich ca. 3.000 Neuinfektionen und etwa 14.000 unwissentlich HIV-Infizierten zunehmend auf breitere Testangebote und Prävention. Folgerichtig war eines der zentralen Themen im Rahmen der Münchner AIDS- und Hepatitis-Tage 2018, in diesem Jahr in Berlin, die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP). Zulassung und Preisverfall lassen die Hemmschwellen sinken, die Nachfrage steigt deutlich. Wir brauchen für diesen nicht kurativen Ansatz neue Versorgungsstrukturen, konstatieren die beiden Tagungsleister Dr. Hans Jäger und Priv.-Doz. Dr. Christian Hoffmann im Interview mit connexi. CONFERENCES Die Münchner AIDS- und Hepatitis-Tage fanden 2018 innerhalb von zehn Jahren zum zweiten Mal in Berlin statt. Ist das als Zeichen für die neue Bundesregierung zu verstehen? Was erwarten Sie aktuell in Bezug auf die HIV-Versorgung von Seiten der Gesundheitspolitik? Dr. Jäger: Wir sind mit den 17. MAHT in Berlin in der Tat ein wenig näher an der Politik. Das zeigt sich auch in der Beteiligung von Bundespolitikern an der Tagung. Zum Beispiel gab es eine Diskussion zur Zukunft der Versorgungssysteme, in der sie die im Vertrag der GroKo festgelegten Verbesserungen erläuterten, in der aber z. B. von Seiten der Aids-Hilfe Berlin auch Defizite speziell in der HIV- Versorgung zur Sprache kamen. Andererseits haben wir die Gelegenheit genutzt, die Berliner Kompetenz mit einzubinden. Es gibt kaum eine Stadt in Deutschland, die so viel davon hat wie Berlin − in der Grundlagen- und der klinischen Forschung sowie bei den Versorgern. Dr. Hoffmann: Ich hoffe, dass sich unser neuer Gesundheitsminister für die Verbesserung der HIV- Versorgung engagiert, dass er sich z. B. gerade bei der PrEP für die Schaffung entsprechender Versorgungsstrukturen einsetzen wird. Ich würde es bedauern, wenn er eine andere Richtung einschlägt, als man von ihm erwartet. Stichwort PrEP. Seit Herbst vergangenen Jahres gibt es zwar eine kostengünstigere Variante, aber die Kassen bezahlen die Prophylaxe nicht, während die wesentlich teurere Therapie erstattet wird. Erwarten Sie trotzdem eine intensivere Nutzung dieser Präventionsmöglichkeit? Gibt es schon Erfahrungen aus dem ersten halben Jahr? Dr. Hoffmann: Die PrEP wird zunehmend genutzt. Durch die enorme Preissenkung ist sie jetzt fast für jedermann erschwinglich geworden. Das Problem ist, dass wir keine richtige Versorgungsstruktur für diese Menschen haben, die ja eigentlich keine Pa tienten sind. Die PrEP ist eine Vorsorgemaßnahme für gesunde Menschen. Kommen diese in die Sprechstunde und fragen eine fundierte Beratung ab, muss ich zuerst erklären, dass dies derzeit keine Krankenkassenleistung ist, wie übrigens auch die Blutentnahmen. Und selbst wenn es angemessen bezahlt würde, es kostet zu viel Zeit, ca. eine halbe Stunde pro Beratung, zumindest beim ersten Mal. Aber auch Folgeuntersuchungen müssen besprochen werden. Diese Zeit brauche ich eigentlich für meine HIV-Patienten. Ich glaube deshalb nicht, dass wir als HIV- Schwerpunktbehandler für die PrEP-Beratung verantwortlich sind. Man muss zwar etwas über die Medikamente wissen, ansonsten können die Beratung gut auch andere übernehmen, wie z. B. Gesundheitsämter. Dr. Jäger: Da jetzt eine zunehmende Zahl an PrEP-Anforderungen auf uns zukommt, muss das neu geregelt werden. Im Idealfall wird die PrEP von 6

INTERVIEW Dr. med. Hans Jäger info@jajaprax.de Priv.-Doz. Dr. med. Christian Hoffmann hoffmann@ich-hamburg.de den Allgemeinmedizinern geleistet. Diese müssen allerdings geschult und für das Thema HIV sensibilisiert werden, weil sie zu wenig über die Medikamente wissen, wie man mit potenziell gefährdeten Menschen umgeht und auch darüber, warum man eine Beratung machen muss. Es gibt auf der Tagung mehrere Veranstaltungen, in die Ärzte und Ärztinnen kommen, die neu in den Bereich HIV/Hepatitis C hineinkommen wollen, unter ihnen eine ganze Reihe von Allgemeinmedizinern. Die PrEP ist eine gute Möglichkeit für den Einstieg. Wir wollen nicht, dass HIV nur auf bestimmte Behandler begrenzt wird, sondern wir möchten diesen Bereich ausdehnen und vernetzen. Es muss nicht jeder gleich alles können. Man kann sich jederzeit mit Telefonaten rückversichern bei einer Klinik oder einem HIV- Schwerpunktbehandler. Das PrEP-Medikament schützt allerdings „nur“ vor HIV, nicht aber vor anderen STD wie Syphilis, Chlamydien oder Gonorrhö, bei denen in Deutschland in den vergangenen Jahren eine vermeintliche Zunahme zu verzeichnen ist. Woran liegt das und welche Strategien gibt es dagegen? Dr. Jäger: Die anderen STDs sind ja nicht vergleichbar mit einer HIV-Infektion. Sie sind zwar alle sexuell übertragbar, aber die Konsequenzen sind sehr unterschiedlich. Wir können alle diese anderen STDs mit guten Antibiotika erfolgreich behandeln, mit nur wenigen Ausnahmen. So massiv, wie jetzt manchmal gesagt wird, steigen sie auch nicht an. Allerdings, mit der schwindenden Angst vor einer HIV-Infektion ist wieder eine größere sexuelle Freiheit eingekehrt, die mit Verhaltensänderungen einhergeht, durch die die Gefahr sich anderweitig zu infizieren wieder steigt. Die PrEP-Beratung beinhaltet bei uns im Übrigen auch den Hinweis auf schützende Kondome. Wir beraten die Menschen ja nicht dahingehend, dass CONFERENCES 7

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