HEPATITIS C-THERAPIE FÜR EINSTEIGER UND FORTGESCHRITTENE Erklärtes Ziel ist die Heilung Silke Heldwein, Eva Wolf, München Die Therapie der Hepatitis C (HCV) ist in den letzten Jahren vergleichsweise einfach geworden, hat jedoch nichts an Aktualität und Relevanz verloren. Die HCV-Infektion ist eine globale Herausforderung und betrifft weltweit laut Schätzungen der WHO etwa 71 Millionen Menschen – ca. doppelt so viele Menschen wie mit HIV-Infektion [1, 2]. Eine Modellierung von Morbiditäts- und Mortalitätsdaten aus dem Jahr 2013 unterstreicht die klinische Relevanz der viralen Hepatitiden mit einer hohen Krankheitsbelastung und ca. 1,45 Mio. Todesfällen weltweit (meist aufgrund einer Zirrhose oder eines Leberkarzinoms) [3]. CONFERENCES Hepatitis C in Deutschland Man schätzt, dass in Deutschland etwa 250.000 Menschen mit einer chronischen HCV-Infektion leben, jedoch sind nur etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen mit der Erkrankung diagnostiziert. Das bedeutet, dass viele Menschen, die mit einer HCV-Infektion leben, bislang nichts davon wissen, die sogenannte „Dunkelziffer“ [4, 5, 6]. Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlicht jährlich für Deutschland weitgehend unveränderte Zahlen für erstdiagnostizierte HCV-Infektionen. Im Jahr 2017 wurde mit 4.798 übermittelten Erstdiagnosen sogar ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Bemerkenswert ist, dass bei über 75 % der Betroffenen die Zuordnung zu klassischen Risikogruppen fehlt. Unter den etwa 25 % der Patienten mit Angaben zum wahrscheinlichen Übertragungsweg ist intravenöser Drogengebrauch mit 78 % führend, gefolgt von Erhalt kontaminierter Blutprodukte vor Einführung der HCV-Testung 1991 (9,3 %), homosexuellen Kontakten mit Männern (MSM) (7,1 %) und heterosexuellen Kontakten (4,6 %) [7]. Die WHO hat sich seit 2016 offiziell zum Ziel gesetzt, die Hepatitis B- und C-Infektionen im Laufe des nächsten Jahrzehntes zu eliminieren. Zwingende Voraussetzung hierfür ist, die Diagnostik zu stärken und identifizierte Patienten konsequent zu behandeln. Auch in Deutschland wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit im April 2016 ein nationales Konzept formuliert, die „BIS 2030“-Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C 46
HEPATITIS C-THERAPIE FÜR EINSTEIGER UND FORTGESCHRITTENE Tabelle 1: Derzeit in Deutschland verfügbare DAA-Kombinationstherapien [13] Kombinationspräparate Handelsname Hersteller GLE/PIB Maviret AbbVie Zulassung Genotypen 1–6 Tagesdosierung 1x3 Tabl. à 100/40 mg mit einer Mahlzeit Wirkstoff Glecaprevir (GLE) NS3/4A-Proteasehemmer Pibrentasvir (PIB) NS5A-Hemmer und anderen sexuell übertragbaren Infektionen [8, 9]. Die größte Hürde, die gesteckten Ziele zu erreichen, ist weiterhin die Identifikation Betroffener. LDV/SOF Harvoni Gilead Sciences 1, 3*, 4, 5, 6 *in spez. Situationen 1x1 Tabl. à 90/400 mg Ledipasvir (LDV) NS5A-Hemmer Sofosbuvir (SOF) NS5B-Polymerasehemmer Therapie der Hepatitis C Seit dem Jahr 2014 sind die modernen, direkt antiviral wirksamen Substanzen (DAA=direct acting antivirals) der zweiten Generation mit Heilungsraten von ≥95 % auf dem deutschen Markt verfügbar [10]. Diese Substanzen können alle oral und in der Regel ohne nennenswerte Nebenwirkungen eingesetzt werden. Einzige Voraussetzung ist eine chronische HCV-Infektion. Definitionsgemäß muss die Erkrankung mindestens sechs Monate bestehen. Hintergrund ist, dass – im Gegensatz zur chronischen HCV-Infektion – während der akuten Phase der Infektion mit einer spontanen Ausheilung in etwa 25 %, mit begleitender HIV-Infektion in etwa 20 % der Fälle zu rechnen ist. Erhöhte Leberwerte, Inflammation oder fortgeschrittene Fibrose sind keine notwendige Voraussetzung für die Therapie der HCV-Infektion. Erklärtes Ziel ist die Heilung, also eine „sustained virologic response“ (SVR), die zwölf Wochen nach Therapieende durch die Bestätigung eines negativen HCV-Virusnachweises festgestellt werden kann. Die DAA richten sich gegen drei bestimmte Zielbereiche im nicht strukturellen Anteil des viralen HCV-Genoms und greifen direkt in den Replikationszyklus des Virus ein: Inhibitoren der NS3/4A-Protease, des NS5A-Proteins und der NS5B-Polymerase. Die derzeit bei uns üblicherweise eingesetzten Medikamente sind Kombinationstherapeutika, die mindestens zwei oder sogar alle drei Zielstrukturen inhibieren (Tabelle 1). Die Therapiedauer beträgt in der Regel acht oder zwölf Wochen, selten kommen auch 16 oder sogar 24 Wochen in Frage. Ribavirin findet nur noch in Ausnahmefällen Verwendung und wird routinemäßig kaum mehr eingesetzt. EBR/GZR Zepatier MSD Sharp & Dohme SOF/VEL Epclusa Gilead Sciences SOF/VEL/VOX Vosevi Gilead Sciences 1, 4 1–6 1–6 1x1 Tabl. à 50/100 mg 1x1 Tabl. à 400/100 mg 1x1 Tabl. à 400/100/100 mg mit einer Mahlzeit Kriterien für die Therapieauswahl Die Auswahl der Kombinationspräparate richtet sich nach vorliegendem Genotyp (GT), etwaiger Vortherapie und Fibrosestadium. Im Fall einer Zirrhose muss zwischen einer kompensierten (Child A) bzw. einer dekompensierten Zirrhose (Child B und C) unterschieden werden. Präparate, die einen NS3/4A-Protease-Inhibitor beinhalten, sind in der dekompensierten Situation kontraindiziert. Auch die Nierenfunktion muss bei der Therapieauswahl berücksichtigt werden. Hierbei ist eine glomeruläre Filtrationsrate (GFR) von 30 ml/min der entscheidende Cut-off. Eine sofosbuvirbasierte Therapie (Bestandteil von Harvoni®, Epclusa®, Vosevi®) sollte gemäß Zulassung bei einer GFR
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