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CONNEXI 2019-8 Schmerz Palliativmedizin

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medizinisches Fachmagazin über Schmerz und Palliativmedizin, für Ärzte, mit retrospektiven Berichten vom Fachkongressen: Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2019

WAS MACHT WO SINN?

WAS MACHT WO SINN? Palliativdienste im Krankenhaus Christoph Gerhard, Oberhausen © Shutterstock/Photographee.eu Palliativdienste kommen im Krankenhaus dorthin, wo schwer betroffene, fortgeschritten oder tödlich erkrankte Menschen sich aufhalten, nämlich auf die Krankenhausstation oder die Intensivstation. Die Herausforderungen sind besonders groß, weil das palliative Konzept parallel zu kurativen Konzepten der Krankenhausakteure gelebt und mit diesen vernetzt werden muss. Die neue OPS 8-98h des Fallpauschalensystems schafft gute und klar definierte Rahmenbedingungen für die schwere Arbeit des Palliativdienstes im Krankenhaus. In zähen Verhandlungen gelingt es gegenwärtig meistens noch nicht, eine auskömmliche Finanzierung für die Arbeit der Palliativdienste zur Verfügung zu stellen. CONFERENCES Historisch gesehen war der Palliativdienst im Krankenhaus eine der frühen Strukturen professioneller Palliativversorgung. Bereits 1974 wurde im St. Louis Hospital in New York das erste „Hospital Support Team“ gegründet. Dies war ein Jahr vor der ersten Palliativstation, die Balfour Mount 1975 in Montreal gründete. Der Name „Hospital Support Team“ drückt bereite einige Charakteristika des Palliativdienstes aus. Der Palliativdienst soll als Unterstützung (Support) im Krankenhaus zur Standardversorgung hinzukommen. Dass sich diese Tabelle 1: Zwei Welten begegnen sich im Krankenhaus? (mod. nach Gerhard 2017). Kurative Medizin • Welt des Heilens • Machbarkeit • Diagnoseorientierung • standardisierte Abläufe • Konzentration auf aktuelle • Probleme • kaum Ganzheitliches • Sterben als „Scheitern“ Palliative Care • lindern statt Heilen • suchende Haltung • Prozessorientierung • Abläufe individualisiert • Konzentration auf die Gesamtsituation • ganzheitliche Sicht • Sterben als normaler Prozess 50

WAS MACHT WO SINN? an sich sehr alte Idee im deutschen Sprachraum so schwer durchsetzen konnte, viel schwerer als das ein Jahr später entwickelte Konzept der Palliativstation, verwundert zunächst. Macht man sich allerdings die enormen Gegensätze zwischen den Haltungen der Standardkrankenhausversorgung und den palliativen Paradigmen klar (Tabelle 1), scheint es nur zu verständlich, dass es die Insellösung der Palliativstation wesentlich leichter hatte, sich durchzusetzen. Man hat die Gegensätze einfach durch die Schaffung einer eigenen abgespaltenen Einheit aufgelöst. Der dabei eingegangene Nachteil ist groß: Nur einige wenige profitieren von dieser abgespaltenen Einheit und an der Kultur des jeweiligen Krankenhauses ändert sich zunächst wenig. Im Hospiz- und Palliativgesetz 2015 wurde die Finanzierung der Palliativdienste in Aussicht gestellt. Bereits im Herbst 2016 wurde daraufhin zwischen den Verhandlungspartnern eine neue Komplexpauschale für Palliativdienste im Krankenhaus vereinbart und in den OPS-Code aufgenommen. Es ist außerordentlich hilfreich für die beteiligten Akteure vor Ort, dass in der neuen Komplexpauschale unumstößliche Rahmenbedingungen geschaffen wurden, die Palliativdienste erfüllen müssen, damit die Krankenhäuser sie abrechnen können. Palliativversorgung ist jetzt glücklicherweise als etwas geregelt, was man nicht „mal eben nebenbei“ macht, sondern das klare Arbeitsstrukturen und Qualifikationsprofile erfüllen muss. Es gilt, diese neuen Rahmenbedingungen positiv zu nutzen um die schwierige Integration palliativer Denkweisen und Strukturen im Alltag gestärkt voranbringen zu können. Ziel sollte dabei stets der Aufbau einer wirklichen palliativen Kultur und Versorgungsform sein, von der dann die Betroffenen wirklich maßgeblich profitieren und nicht bloß die Abrechnung einer weiteren neuen Fallpauschale. Dr. med. Christoph Gerhard c.gerhard@kk-ob.de Die Fallpauschale sollte also nicht Ziel, sondern hilfreicher Motor der Entwicklung sein. Wie muss ein Palliativdienst organisiert sein, damit er die Kriterien nach der OPS erfüllt: •• Es muss sich um ein fachlich eigenständiges Team handeln, das niemandem weisungsgebunden untersteht. •• Es muss ein multiprofessionelles Team mit nachweisbaren Stellenkontingenten in den Dienstplänen und der Personalplanung ausgewiesen sein. Stets müssen mindestens drei Berufsgruppen zur Betreuung der Patienten zur Verfügung stehen (Medizin, Pflege und Sozialarbeit und/oder Physiotherapie und/oder Psychotherapie). •• Das Team muss aus eigenen Kräften einen ärztlichen Rufbereitschaftsdienst stemmen können, d. h. alle Ärzte, die Rufbereitschaft leisten, müssen Mitarbeiter des Palliativteams sein. Sie müssen nicht die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin haben, sondern können auch Fachärzte in Ausbildung zum Palliativmediziner sein. •• Das Palliativteam muss eine gut vernetzte Teamstruktur haben und über gute Kenntnisse CONFERENCES 51

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